"Die drei Musketiere" (2011) - Kritik von Percy

Ein passenderer Titel wäre: Die Abenteuer des Planchet....

Nun ist es wieder einmal Zeit für ein Review von Percy.

Nach langer Abwesenheit, aber besser spät als nie...

Wo fange ich an: Nachdem ich bereits einen gehörigen Wiederwillen gegen die Vorschau dieses Films entwickelt habe: Fliegende, bewaffnete Luftschiffe, Mylady extremst leichtbekleidet skydiving vom Palast.... habe ich nun heute der Ausstrahlung auf Pro7 eine Chance gegeben.

Die Einführung von Athos, Aramis und Porthos war schauderhaft. Für ganz Doofe wurde daher immer der Name des Helden eingeblendet. Gut so, sonst wären sie kaum erkennbar gewesen..... insgesamt ziemlich häßlich alle drei - selbst Aramis. Besonders bei Porthos sollte das werte Publikum beide Augen zukneifen.....

Danach hielt mich nur folgender Gedanke vor dem Fernseher: "Wenn sie jetzt auch noch die Einführung von d'Artagnan verpatzen, schalte ich ab!"

Hier wurde ich angenehm überrascht: Die Geschichte huldigt dem Original, wobei d'Artagnans Pferd eindeutig zu cool ist. Ein Knabstrupper (mit schwarz gemalten Beinen - LOL), offensichtlich männlichen Geschlechts, was seinem Reiter aber genauso offensichtlich entgangen ist, da er von seinem Pferd als von "ihr" redet.

Zum Glück scheint dies den Knabstrupper nicht zu stören, statt dessen kommt er sogar von Paris bis nach Calais, was der literarische Gaul nie vermocht hätte (abgesehen davon mußte der literarische d'Artagnan die väterliche Schindmähre ja sofort in ein seiner würdiges Roß umtauschen...).

Das Duell der drei Musketiere mit d'Artagnan machte wider Erwarten ausnehmend viel Spaß, ich fand, es war die beste Sequenz des Films.

Lediglich die doof rumstehende und das halbe Hemd anschmachtende Constance hätte man weglassen können. Und war Jussac nicht eher ein dunkler Typ?

Nach dem Duell ließ dann die Charakterentwicklung der Helden gewaltig nach:

Außer daß der optisch auf jeden Fall minderjährige d'Artagnan sich in das Blondchen verliebt (warum? weil sie so eine geile Schnitte ist und ihre Brüste aus ihrem Kleid quetscht? Oder weil sie die ERSTE Hofdame ist - welche Beförderung!), erfährt man lediglich über Athos, daß er und Mylady (die ja viele Namen hat, wie Athos schlauerweise aufzählen kann und dabei bei seinen Freunden mächtig Eindruck schindet) sich regelmäßig ihrer Liebe zueinander versichern.

Abgesehen davon findet Mylady sich selbst aber so umwerfend wollüstig, daß ihre ständig nach oben gezogenen Mundwinkel und schmollend aufgeworfenen Lippen verkünden, daß sie Dauerorgasmen über ihre eigene Sexiness durchlebt. Muß das geil sein, Mylady zu sein! Selbst wenn der Hungerhaken Milla Jovovich (erschreckend platt bandagiert in "The Fifth Element") dem Schönheitsideal der Zeit nun gar nicht entsprechen möchte. Wo ist übrigens die Lilie auf ihrer andauernd herumgezeigten nackten Schulter??? Die deutsche Synchronstimme tut ein übriges, noch abtörnender zu wirken, es wird lahm herumgehaucht was das Zeug hält. Tja, da kann sich Mylady natürlich nur noch vom Schiff stürzen. Dann braucht Athos oder der nicht vorhandene Henker von Lille sich nicht die Finger schmutzig machen. Schön, diese Anklänge an Pseudopiratismus a la Fluch der Karibik. Mylady über die Planke laufen lassen wäre was gewesen, aber das übernehmen ja (mit Geländer - und jetzt heißt es Brücke) Constance, sich ängstlich festhaltend und d'Artagnan, forsch darüber schreitend - hätten wir es nicht geahnt? Dafür bekommt der Gascogner, drüben angekommen, direkt eins auf die Zwölf - der literarische d'Artagnan wäre wahrlich schlauer gewesen!

Übrigens taucht Blondschöpfchen Jussac auch wieder an Bord des mit einer ach so wunderbar monströsen Galionsfigur ausgestatten "Rochefort"-Schiffes auf, damit jeder Depp merkt, daß die Kardinalstruppen an Bord sind. Sollte diese Galionsfigur ein wenig Ähnlichkeit mit Richelieu haben?? Oh, diese wunderbar feine Ironie der Charakterzeichnung. Jetzt weiß wenigstens auch bereits erwähnter Depp, daß der Kardinal auch ein gaaanz, gaanz böser Mann ist!

Abgesehen davon hat Rochefort offenbar wieder das Problem, nur schwarze Pferde reiten zu können (von anderen fällt er offenbar, wie ich zu einem früheren Zeitpunkt in einem anderen Review vermutete, wahrscheinlich einfach herunter). Zu dramaturgischen Zwecken, und weil es sich bei "Zorro" ja schon so gut bewährt hat, verwendete man hier offensichtlich einen Friesen, dem man aber die Puschelfüße abrasiert hatte, um ihn einigermaßen "andalusisch-barock" wirken zu lassen.

Tja, und die normalerweise vom Bösen getragene schwarze Kleidung trägt diesmal nicht Rochefort, sondern (-Trommelwirbel!-) d'Artagnan! Nur so kann er halbwegs als volljährig durchgehen. Kann mir mal einer verraten, warum die Lederklamotten so glatt und glänzend sind? Kommt der Typ gerade aus der Disco???

Zum Thema Alter und Aussehen scheint der Film ein Lehrstück darüber zu sein, wie der infantil aussehende König seine nicht minder infantile Gattin begehrt (hier bekommt das Wort "Infanten" eine ganz neue Bedeutung! :-) ) und sich beim ebenso infantil aussehenden d'Artagnan Ratschläge über Beziehungen holt. Dieser kann da ja nun ausgezeichnet mitreden, wurde er doch bereits einen ganzen Tag vorher von der Liebe ereilt - oder war es nur der plötzlich einsetzende Sexualtrieb (man beachte, während der "Luftschlacht" sieht man in seinem Gesicht ja sogar eine Art Bartschatten - oder ist es nur Pulverdreck?).

Allerdings brachte d'Artagnan mal etwas gegenüber Athos auf den Punkt, was schon lange gesagt werden mußte, damit die Geschichte um Himmels Willen keinen Tiefgang bekommt: "Dein ewiges Rumleiden bringt uns auch nicht weiter!" Wo leidet Athos denn? Etwa, als er betroffen das Gesicht verzieht, als Mylady sich vom Schiff stürzt? (Wahrscheinlich sucht er eher den bei einem Luftschiff nicht vorhandenen Tiefgang!)

Daraufhin bringt Athos seinerseits Dumas zur Rotation im Grabe: "Kämpfe für die Liebe, d'Artagnan, Frankreich sorgt für sich selbst!" Ja, bitte, wo sind wir denn hier? Will der Gascogner nicht Musketier werden? Oder etwa nur Liebhaber in schwarzer Lederhose mit mädchenhafter Frisur (schick ihn doch mal einer zum Friseur! Es ist so furchtbar! Als Percy Jackson gefiel mir Logan Lerman wesentlich besser. Da sah er eindeutig männlicher aus, obwohl jünger!).

Das einzig coole an der gesamten Garderobe sind die Stiefel. Leider wurden sie wohl im Dutzend billiger bestellt, denn jeder Darsteller in diesem Film trägt die gleichen Stiefel, wie es scheint! Nur der König nicht, der bezüglich der Farbwahl noch schwankt. Man kann schließlich nie wissen, ob Buckingham heute grün oder morgen purpur trägt, und der muß es ja wissen!

Warum eigentlich Buckingham? Brauchte man aus optischen Gründen noch ein "Leckerchen" für die Damenwelt, da die 4 Protagonisten wie bereits erwähnt, nichts hergaben? Offenbar avancierte der nur als Liebhaber der Königin und dadurch diplomatisch komplizierte Buckingham hier zum König der Lüfte, pardon, stellvertretend natürlich für das böse, böse England. Und das, obwohl er noch nicht mal was mit der infantilen Königin hatte (und die böse, böse Mylady nur das Geschmeide mit einem martial-Arts-Bungee-Mission-Impossible-Manöver mit den Waffen einer Frau (Puderdose) geklaut hat). So was!

Und nicht vorhandene Liebschaften ziehen sich durch den Film: Buckingham hat nichts mit der Königin, Mylady hat nichts mit d'Artagnan, d'Artagnan reist nur wegen eines Kusses nach England (Halloooo? Da darf es schon etwas mehr sein, was eine Frau dir offerieren kann, du Milchgesicht!)

Und die Rhetorik des Films ist genauso prickelnd: Mylady an Bord des Schiffes, als sie der drei Musketiere angesichtig wird: "Jungs, lange nicht gesehen!"

Die Königin nach dem Duell zwischen den Musketieren gegen 40 Kardinalsgardisten: "Jungs sind eben Jungs!" Das hätte ein Mann des 17. Jahrhunderts als extreme Beleidigung aufgefaßt!

Ab dem Zeitpunkt, wo das Luftschiff auftauchte, wurde die gesamte Geschichte ob der "genialen" Effekthascherei lächerlich.

Wegen diesem blöden Teil steht d'Artagnans cooles Pferd immer noch in Calais (oder an dem Punkt auf der Route Richtung Paris, an dem die so überaus genial verkleidete Constance von den Kardinalsgarden eingeholt wurde - weil sie ja selbstverständlich nicht so gut und schnell reiten kann wie d'Artagnan. Selbstredend.)

Dann kommt der Punkt, an dem der Regisseur und die Special Effects-Crew unbedingt noch Notre Dame demolieren müssen und der Garten des Königs wird auch noch ein wenig umgegraben. Zum Glück kam keiner auf die Idee, den Eiffelturm mit zu zerstören. Da hat wohl einer rechtzeitig gegoogelt, daß es diesen noch gar nicht gab.

Aber enttäuschend ist d'Artagnans Schusseligkeit: Wenn er schon von seinem Vater "den Degen eines Musketiers" erbt und damit auch noch Rochefort erstechen muß, dann hätte er das gute Stück wenigstens aus dem Kadaver ziehen können, bevor nämlicher rücklings und dramatisch vom Kirchdach purzelt! So ruiniert man eine gute Klinge!

Am Ende ist d'Artagnan immer noch nicht bei den Musketieren, offenbar genügt es, mit den drei alternden Säcken die Klingen zu kreuzen und Parolen aus Dumas-Büchern zu schmettern.

Und der coolste Typ des gesamten Films war eigentlich Planchet, der einige tolle Momente hatte: statt in seinem Bett mit d'Artagnan (!) zu schlafen, auf dem Balkon von Tauben beschissen werden; Mylady in der Kutsche entführen ("so weit fort, wie möglich, HAHAAA!"), am Ende zumindest die Verköstigung sicherstellen, während die Musketiere mit d'Artagnan Pose schmeißen! Wenigstens einer konzentriert sich auf das Wesentliche. Wäre besser gewesen, die Protagonisten hätten das auch gemacht!

So, das war nun mein Review zu diesem Filmchen.

An das Original traut sich offenbar keiner heran.

Viel Spaß wünscht euch

Percy!

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